siehe auch: Figurenbrut und Marcofinkenstein.de
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Donnerstag, 31. Dezember 2009
Freundschaft
Er klingelte wie immer - wie man eben so vor einer Tür stehend klingelt, wenn man rein will. Man drückt den Knopf und wartet. Man hört Schritte von der anderen Seite und dann öffnet sich die Tür mit einem Schwung. Sofern man unangemeldet ist, blickt man in ein mehr oder weniger fragendes Gesicht.
Er klingelte also wie immer - nur mit dem Unterschied, dass er nicht die Absicht hatte, in ein fragendes Gesicht zu blicken. Er wollte nur rein und die Wohnung anzünden. Sein Rucksack war vollgeladen mit Kanistern aus hochentzündlichen Flüssigkeiten. Blickkontakt stand nicht auf dem Programm.
Die Schritte näherten sich, die Klinke wurde betätigt, und es nahm alles seinen Lauf. Bevor sich die Tür noch richtig öffnen konnte, stieß er sie schon mit voller Wucht auf. Er stand schon in der Türschwelle, bevor die Dame irgend etwas sagen konnte. Wenig später machte er schon die ersten Schritte auf den Raum zu, den er im Visier hatte.
"Ruft die Polizei oder die Feuerwehr. Ist mir egal.", rief er ihnen zu. Dann war er bereits in dem schallisolierten Übungsraum verschwunden und begann eifrig, Benzin zu verschütten.

Drei Minuten später stand der Raum in lichterlohen Flammen, die Scheiben waren eingeschlagen - und inmitten des Infernos saß er, bereits stickige Qualmluft atmend. Er blutete stark: wo er sich an den Scheiben nicht aufgeschnitten hatte, hatte er nachgeholfen. Die Polizei war schon da, doch die Feuerwehr war gerade erst angekommen und fing an, den Schlauch bis hoch in den vierten Stock zu legen. Er hoffte, dass sie ihn nicht retten würden.

Es sollte zu seinem Zeichen der Freundschaft gehören, sich selbst mitsamt dieses Raumes zu verbrennen.

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